Samstags sieht der Markt natürlich anders aus, mehr Stände und betuchte Kundschaft, die bereit ist, etwas tiefer ins Portemonnaie zu greifen, wenn es um die Gestaltung des Sonntagsmahls geht. Doch generell entspricht der Eindruck des Käsehändlers der gegenwärtigen Realität beim Einkaufen.
In fast allen Lebensbereichen sind in letzter Zeit – auch bedingt durch die Corona-Pandemie sowie dem schrecklichen Krieg Russlands gegen die Ukraine – die Preise gestiegen. Die Kosten sind in die Höhe geschnellt, jedoch nicht die Einkommen der Verbraucher. Also müssen sie Abstriche bei ihren Einkäufen des täglichen Bedarfs machen. Vor allem Alleinerziehende mit Kindern, aber auch ältere Menschen mit relativ geringen Renten. Selbst Frauen und Männer mit recht guten Einkommen, die aber in den Ballungszentren unserer Republik hohe Mieten zahlen müssen, sind von der Misere betroffen.
Dies sind einige der Gründe, weshalb so viele Konsumenten immer häufiger auf den Kauf hochwertiger Produkte verzichten. Sie machen Abstriche bei der Qualität, verzichten auf teure regionale und Bio-Produkte sowie auf Markenerzeugnisse mit hohem Qualitätsversprechen.
So ist der Run auf Bio-Lebensmittel drastisch eingebrochen. 2022 hat die Branche erstmals in ihrer noch recht jungen Geschichte ein Umsatzminus eingefahren. Das Gesamtergebnis lag bei rund 15 Milliarden Euro, das sind zwar immer noch 2,7 Milliarden mehr als 2019, dem Vor-Corona-Jahr, aber weniger als 2021, das einen Erlös von fast 16 Milliarden Euro aufwies.
Ein Kostensprung von über 20 Prozent ist für viele Menschen kaum verkraftbar
Tatsächlich leben wir gegenwärtig in schwierigen Zeiten. Die Inflationsrate liegt nach wie vor deutlich über acht Prozent und bewegt sich auf einem Rekordniveau. Nahrungsmittel sind zwischen Februar 2022 und Februar dieses Jahres um 21,8 Prozent teurer geworden. Ein solcher Kostensprung ist natürlich für Menschen mit geringeren Einkommen nur schwerlich zu verkraften. So greifen immer mehr Konsumenten in den Supermärkten zu Eigenmarken, deren Preise zwar auch angestiegen sind, aber deutlich unter dem Niveau der Marken-Erzeugnisse liegen. Längst haben Hersteller diesen Trend erkannt und produzieren neben ihren bekannten Markenprodukten selbst Eigenmarken für Handelsketten, die erschwinglicher, aber dennoch von guter Qualität sind, oft unterscheiden sie sich gar nicht von den Markenprodukten. Mehr als 30 Prozent der Verbraucher entscheiden sich einer Umfrage zufolge mittlerweile für Eigenmarken, 13 Prozent mehr als 2021. Es gibt durchaus Profiteure der Krise. Das sind die Discounter, aber eben auch die großen Handelsketten mit ihren Hausmarken. Denn eines weiß inzwischen jede Hausfrau und jeder Hausmann: Wirklich schlechte Lebensmittel – dies haben Ernährungswissenschaftler hinreichend dargestellt – finden sich auf dem deutschen Markt nicht.
Der Trend zum Billig-Einkauf sieht auch im Bio-Bereich die Discounter als Gewinner. Dort ist exemplarisch erkennbar, dass sich der preisliche Abstand zwischen Bio-Produkten und konventioneller Ware verringert. Bio ist in den Augen der Verbraucher bei den Discountern relativ preiswerter.
Die gegenwärtige Zurückhaltung der Konsumenten im Bio-Segment vor allem bei Artikeln von Markenherstellern könnte negative Folgen für den Ausbau der ökologischen Landwirtschaft haben. All jene Menschen, die wissen, wie wichtig Bio-Lebensmittel für die Umwelt, die Artenvielfalt, die Qualität unseres Wassers, die Klimaziele und den regionalen Landbau sind, erfüllt dies mit großer Sorge. Wenn der Bio-Konsum weiter zurückgeht, fällt es der Bundesregierung schwer, ihr ambitioniertes Ziel zu verwirklichen, den Ausbau der Agrarfläche für Öko-Landbau von derzeit zehn auf 30 Prozent voranzutreiben. So jedenfalls steht es im Koalitionsvertrag, und die Regierung hält an diesem Ziel fest. Noch. Denn um das zu erreichen, müssten jährlich 400.000 Hektar auf Bio umgestellt werden, doch zurzeit sind es gerade mal 80.000 Hektar. So schlecht ist diese Bilanz gar nicht, allerdings weit entfernt von den Wünschen der Politik.
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