Es gab Zeiten, da schlummerten unsere Grundnahrungsmittel wie zum Beispiel Mehl in den Geschäften noch lose in Schubläden und wurden beim Einkauf mit Kellen in Tüten gepackt. So konnte es schon mal vorkommen, dass durch das weiße Pulver kleine Krabbeltierchen wühlten, Mehlwürmer. Nicht selten musste der Kammerjäger gerufen werden, um wieder einwandfreie hygienische Zustände zu schaffen. Mehlwürmer und andere Insekten galten als ziemlich ekelig. Doch heute ist das anders. Weltweit soll es schon zwei Milliarden Menschen geben, die sich regelmäßig mit Insekten sättigen.
Da ist es nicht verwunderlich, dass auch die Europäische Union diese Ernährungsalternative ernst nimmt. Erst kürzlich hat Brüssel die „Archeta domesticus“, die Hausgrille, die auch Heimchen genannt wird, offiziell als Nahrungsmittel benannt. Sie steht auf der Liste der neuartigen Produkte, die in unserer modernen Sprache als Novel Food bezeichnet werden. Auch die Larven des Getreideschimmelkäfers „Alphitobius diaperinus“ wurden in Brüssel als Novel Food eingestuft und können nun in Lebensmitteln verarbeitet werden. Erstmals landete Mitte 2021 mit dem Gelben Mehlwurm ein Insekt in den Regalen europäischer Supermärkte. Die getrocknete Mehlkäferlarve „Tenebrio molitor“ wurde als sicheres Lebensmittel bewertet und darf seither gemahlen im Handel verkauft werden. Gleiches gilt für die Wanderheuschrecke „Locusta migratoria“. Sie zählt zu den größten Heuschrecken Europas und darf gefroren, getrocknet oder gemahlen in den Handel gebracht werden.
Viele Pluspunkte für Insekten als Nahrungsquelle
Weltweit gelten um die 2.100 Insektenarten als essbar. Weil sie nahrhaft, gut verträglich und offenbar auch schmackhaft sind, werden sie nun auch in der Europäischen Union zunehmend auf die Liste von Novel Food gesetzt. Sie tragen – so eine der Begründungen – zu einer nachhaltigen Ernährung bei, weil sie im Gegensatz zu einer aufwendigen Viehhaltung ziemlich ressourcenschonend gezüchtet werden können. Insekten sind reich an Omega-3 und Omega-6 Fettsäuren, auch reich an Spurenelementen und Mineralstoffen wie Magnesium und Phosphor. Einige Heuschrecken enthalten mehr als doppelt so viel Eiweiß wie Rinder- oder Hühnerfleisch. Als Proteinlieferanten übertreffen Insekten sogar Nüsse, Hülsenfrüchte und Getreide. Und ein weiterer wichtiger Pluspunkt, der für Insekten als Nahrungsquelle spricht: Sie verbrauchen deutlich weniger Treibhausgas-Emissionen als Nutztiere.
Kommen wir nochmal zum Heimchen, das nun durch EU-Erlass in Lebensmitteln verarbeitet werden darf. Die Grillen können fortan in Brot, und Brötchen, Keksen, Crackern, Fleisch- und Milchersatz, in Kartoffel-Erzeugnissen oder Schokolade enthalten sein. Derlei Produkte dürfen dann allerdings nicht mehr als vegan oder vegetarisch ausgezeichnet werden. Ferner muss die Grillenbeimischung auf der Zutatenliste angegeben werden, zum Beispiel als „Acheta domesticus“. Dies jedoch findet die Verbraucherzentrale Hamburg als unzureichend. Auf der Verpackung müsste gut verständlich für alle Kunden stehen „Kekse mit Insekten“ oder „Nudeln mit Insekten“. Das schaffe dann Klarheit. Zugleich weist die Verbraucherzentrale darauf hin, dass Lebensmittel mit Insektenanteil gegenwärtig noch absolute Nischenprodukte sind. Mitunter sind sie auch heikel. Denn wer allergisch auf Krebstiere, Hausstaubmilben oder Weichtiere reagiert, sollte die neuen Mixturen mit Insekten eher mit Vorsicht genießen.
Den ganzen Artikel lesen Sie in der fng Ausgabe 1/2023.