Der Verband Lebensmittel ohne Gentechnik, (VLOG), hat in einem offenen Brief die Fraktion der Europäischen Volksparteien, (EVP), in Brüssel aufgefordert, Pläne der EU auf Eis zu legen, die Kennzeichnung von Gentechnik aufzuweichen. Denn wenn dies geschähe, so heißt es in dem Schreiben, blieben künftig mehr als 90 Prozent aller mit neuer Gentechnik erzeugten Lebensmittel ungekennzeichnet. Der Forderung der Organisation haben sich mittlerweile mehr als 200 Unternehmen aus den Bereichen wie Drogerie, Tiefkühl- und Naturkost sowie Milchwirtschaft angeschlossen. „Gerade wenn es zu einer Einführung Neuer Genomischer Techniken, (NGT,) kommt“, betont Kerstin Erbe, Geschäftsführerin der Drogeriekette dm, „muss für die Bürgerinnen und Bürger klar ersichtlich sein, wenn NGT in der Landwirtschaft oder der Lebensmittelherstellung genutzt werden.“
Über 1.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben sich kürzlich ebenfalls an die EVP, die größte politische Gemeinschaft im EU-Parlament, gewandt und sich klar für die Zulassung Neuer Genomischer Techniken ausgesprochen, ohne allerdings eine Kennzeichnungspflicht zu erwähnen. Die zähe Diskussion um die Gentechnik-Reform der EU geht also weiter.
Für den Vorstoß der EU-Kommission, die seit Jahren bestehenden Vorschriften für Gentechnik zu lockern, gibt es gute Gründe. Denken wir nur an den Klimawandel. Für eine Welt, die sich um mindestens zwei Grad erwärmt, sind die Äcker in den Ländern Europas nicht geschaffen. Immer mildere Winter und viel zu trockene Sommer machen es den Bauern heute schon schwer, erfolgreich zu wirtschaften. Der Klimawandel, so warnen Experten, wird öfter als zu jetzigen Zeiten zu Schädlingsbefall und Ernteausfällen führen. Hochwasser, Stürme, dramatische Wolkenbrüche zerstören Felder, steigende Meeresspiegel, sich ausbreitende Wüsten, häufige Dürren vernichten landwirtschaftliche Nutzflächen und bringen eine ausreichende Ernährung der Menschheit, die wächst, in ernste Gefahr.
Ziel sind gentechnisch veränderte Pflanzen nach modernsten Methoden
Reicht es da noch aus, lediglich die CO2-Emissionen drastisch zu senken? Die EU-Kommission sagt „Nein“ und will in großem Stil auf gentechnisch veränderte Pflanzen setzten. Deshalb legte sie einen Gesetzentwurf vor, wonach Pflanzen künftig dann nicht mehr gekennzeichnet werden müssen, wenn die Veränderungen auch auf natürliche Weise oder durch konventionelle Züchtungen entstehen könnten. Grüne Gentechnik soll also Alltag werden in den Lebensmittel-Lieferketten der Europäischen Union und der richtige Weg sein, der Erderwärmung, dem Bevölkerungswachstum und der Abhängigkeit von Agrarimporten zu trotzen.
Denn mit den neuen gentechnischen Methoden (NGT) sind präzise Eingriffe in die DNA einer Pflanze möglich. NGT ist ein Sammelbegriff für all jene Techniken, die nach 2001 entwickelt wurden, dem Jahr der ersten EU-Gentechnik-Verordnung, bei deren Beschluss schon damals Befürworter und Gegner mächtig aneinandergerieten. Durch den sicheren Einsatz der neuen Gentechnik – argumentiert die EU-Kommission – hätten Landwirte Zugang zu widerstandsfähigeren Pflanzen, die deutlich weniger Schutzmittel benötigen sowie mit einem erheblich niedrigeren Maß an Düngemitteln auskommen. Strenge Regeln sollen allerdings weiterhin für Pflanzen gelten, deren genetische Veränderungen nicht mit konventionellen Züchtungen gleichzusetzen sind, und für Pflanzen, denen Gene von artfremden Organismen übertragen wurden. Ausgenommen ist ferner die Bio-Landwirtschaft, bei der jeglicher Einsatz von NGT-Pflanzen verboten bleibt. Die Kommission begründet ihren aktuellen Vorstoß übrigens damit, dass seit der letzten Gesetzesänderung 2001 Technologien entwickelt wurden, die es seinerzeit noch nicht gegeben hat und nun zur Rettung unserer Erde genutzt werden sollen.
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