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    Aktuelle Ausgabe – ENGLISCH

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    Aktuelle Ausgabe – DEUTSCH
    Eröffnung des RemanLab in Bayreuth

    Neues Leben für gebrauchte E-Bike-Motoren

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  • Der Ausfall einer Komponente eines Elektrofahrrads führt schnell zum Totalschaden. Dass es sich lohnt, Ersatzteile additiv zu fertigen, konnte das Fraunhofer IPA in einer Studie nachweisen.

    Im Vergleich zum Auto sind die E-Bikes günstiger, ökologischer, gesünder und sparen Platz in der Stadt. Doch im Gegensatz zu herkömmlichen Fahrrädern ist eine Reparatur von defekten Bauteilen wie Motoren oder Akkus sehr teuer – oftmals gibt es keine Ersatzteile und sie werden daher als Ganzes gegen teure neue Komponenten getauscht. Das soll sich nun ändern: Ein Forscherteam des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung IPA konnte zusammen mit Partnern in einer Studie zeigen, dass sich E-Bike-Motoren im Sinne einer modernen Kreislaufwirtschaft aufarbeiten lassen. Einen Einblick in das Remanufacturing von E-Bike-Komponenten geben die Forschenden des Fraunhofer IPA im heute eröffneten »RemanLab«, einer neuen Lernfabrik für Remanufacturing.

    Mangelhaftes Ersatzteilangebot


    Der Trend zum E-Bike ist ungebrochen – nach Angaben des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV) machten Elektrofahrräder 2022 bereits 48 Prozent der Verkäufe am gesamten Fahrradmarkt aus – Tendenz steigend. Doch eine Reparatur durch die Werkstatt ist insbesondere für Akkus und Motoren häufig technisch und wirtschaftlich nicht umsetzbar. So kann es sein, dass der Ausfall einer Komponente eines Elektrofahrrads zum Totalschaden führt. Warum die gebrauchten Elektrofahrradmotoren nicht industriell aufarbeiten?

    Diese Frage stellten sich Forschende des Fraunhofer IPA im vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF geförderten Projekt »AddRE-Mo«. Gemeinsam mit den Partnern cirp GmbH, Electric Bike Solutions GmbH, dem Trägerverein Umwelttechnologie-Cluster Bayern e.V.und dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH untersuchten sie die technische Machbarkeit der Refabrikation von Elektrofahrradmotoren. Dazu wurde die gesamte Prozesskette des Remanufacturing – von der zerstörungsfreien Demontage über die Reinigung, Prüfung, Aufarbeitung bzw. Ersatz durch Neuteile bis hin zur Remontage – unter die Lupe genommen und deren ökologisches und ökonomisches Potenzial analysiert. Darüber hinaus prüften die Forschenden den Einsatz additiver Fertigungsverfahren und geeigneter Kombinationen aus Verfahren und Werk-
    stoff zur Herstellung langlebiger und belastbarer Ersatzteile.


    Von der Demontage zur Remontage


    »Fallen der Motor oder der Akku aus, wird in der Regel die gesamte Komponente getauscht, obwohl möglicherweise nur ein Zahnrad defekt ist. Für Elektrofahrrad-
    Werkstätten lohnt sich die Reparatur oftmals nicht. Auch die Hersteller haben ein großes Interesse daran, alte Motoren, die die größten Kostentreiber beim E-Bike sind, durch neue zu ersetzen«, beschreibt Jan Koller, Projektleiter und Gruppenleiter am Fraunhofer IPA, das Dilemma. »Unser Ziel war es, ein Werterhaltungsnetzwerk umzusetzen. Dazu etablieren wir mit dem Remanufacturing einen industriellen Prozess, bei dem eine größere Stückzahl von 50 bis 100 Motoren in den Aufarbeitungsprozess geht.«
    Im ersten Schritt haben Koller und sein Team Elektrofahrradmotoren  bekannter Hersteller auf ihre Ausfallwahrscheinlichkeit untersucht. Dann prüften sie, ob und unter welchen Bedingungen sich Ersatzteile mit einer hohen Verschleißrate wie Zahnräder und Drehmomentstützen additiv fertigen lassen. Die notwendigen Daten für den 3D-Druck gewannen die Wissenschaftler abhängig von der Geometrie der Komponenten entweder durch 3D-Modellierung oder 3D-Digitalisierung. Anschließend wählten sie Werkstoffe und additive Verfahren aus. Zusammen mit den Unternehmen cirp und Electric Bike Solutions fertigte das Fraunhofer IPA schließlich die Komponenten. Anschließend prüfte man ihre Lebensdauer, Geräuschentwicklung und Temperaturbeständigkeit in eigens entwickelten Prüfständen und unter realen Belastungen. Insgesamt wurden über 120 Bauteile aus 20 verschiedenen Werkstoffen im 3D-Druck hergestellt. Als besonders vielversprechend erwies sich das Highspeed-Sintering, ein spezielles Verfahren zur Herstellung oder Veränderung von Werkstoffen, in Kombination mit dem Kunststoff Polyamid
    12 (PA12).

    Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit durch additive Refabrikation


    Mit der Remontage und dem Test unter realen Einsatzbedingungen wiesen die Projektpartner die technische Machbarkeit und Haltbarkeit nach. Die Forschungsergebnisse zeigten, dass man einzelne Bauteile wie Getriebezahnräder additiv fertigen und nachhaltig einsetzen kann. »Am Ende der Prozesskette erhält man durch das Remanufacturing einen Fahrradmotor, der in puncto Qualität einem neu gefertigten Motor entspricht und auch dieselbe Garantie umfasst«, sagt Projektleiter Koller.

    Ein wichtiger Aspekt war zudem die ökologische Bewertung des Refabrikationsprozesses im Vergleich zur Neufertigung. »Die additive Fertigung bietet das Potenzial, die Kreislauffähigkeit in der Elektrofahrradbranche zu steigern und die Verschwendung von
    Ressourcen zu mindern. 90 Prozent der Auswirkungen auf das Klima, berechnet in Kilogramm-CO2-Äquivalenten, lassen sich im Vergleich zur Neuproduktion einsparen«, so der Wirtschaftsingenieur. Das wirtschaftliche Einsparpotenzial hingegen ist stückzahlabhängig. Es liegt bei vergleichbaren Komponenten in der Regel bei ungefähr 30 bis 40 Prozent im Vergleich zum Neukauf des Elektromotors. Dadurch bietet die Refabrikation auch für die Hersteller der Elektromotoren großes Potenzial.


    Neueröffnung der Lernfabrik RemanLab in Bayreuth


    Zur Verstetigung der im Projekt erzielten Ergebnisse wird die Prozesskette der Refabrikation von Elektrofahrradmotoren in der neuen Lernfabrik für Remanufacturing RemanLab am Fraunhofer IPA in Bayreuth umgesetzt. Das RemanLab wird heute, am 23.5.2023 eröffnet. Unternehmen erhalten in der realistischen Lernumgebung, die alle erforderlichen Prüfstände umfasst, einen Einblick in die Zukunft nachhaltiger Produktion. Das Wissen über die Komplexität des Aufarbeitungsprozesses, von derEingangskontrolle über die Demontage, Reinigung, Prüfung, Aufarbeitung, Remontage und Endkontrolle wird am konkreten Objekt mit Hilfe von Demonstratoren wie z. B. einer Augmented-Reality-Anwendung zur Demontage vermittelt. »Bislang war das Remanufacturing von kosten- und arbeitsintensiven Prozessen geprägt. Im RemanLab zeigen wir, wie digitale Technologien und Automatisierung die Refabrikation nicht nur von Elektromotoren, sondern zukünftig auch von Elektrokleingeräten und weiteren Produkten revolutionieren können«, sagt Koller.

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