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    Aktuelle Ausgabe
    Bauteilmonitoring in Regelkraftwerken

    Optimierungspotential? In der Regel vorhanden.

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    Drucktragende Bauteile werden im dynamischen Kraftwerksbetrieb durch schnelle Temperaturwechsel herausgefordert. Bildquelle: Shutterstock

    Dipl.-Ing. Franz Binder

    Bis 2030 sollen viele neue Gaskraftwerke entstehen und für stabile Stromnetze sorgen. Der wirtschaftlich attraktive Regelbetrieb ist aber mit geänderten und anspruchsvolleren Betriebstransienten verbunden: Vor diesem Hintergrund gilt es, auch die Instandhaltungsplanung flexibler zu gestalten. TÜV SÜD zeigt, wie das mit Innovationen bei der kontinuierlichen Bauteilüberwachung gelingt.

    Gas- und Dampfturbinenkraftwerken (GuDs) kommt künftig eine besondere Rolle zu. Sie sollen beim geplanten Kohleausstieg die Lücke füllen, die durch den Wegfall von Kohlekraftwerken entsteht. Damit einher geht aber auch die Herausforderung steigender Wechselbeanspruchung von druckführenden Bauteilen. Durch die häufigen An- und Abfahrten und den damit verbundenen Wechselbeanspruchungen, kann es bei Bauteilen zu einem schnelleren Ermüdungsfortschritt und ermüdungsbedingten Mikrorissen kommen. Die Restlebensdauer des Bauteils wird nach unten korrigiert und der Turnus wiederkehrender Prüfungen verkürzt. Bleibt die fortschreitende Rissbildung unerkannt, kann es zum Integritätsverlust des Bauteils kommen, was Betriebsrisiken und Kosten mit sich bringt. Andererseits kann der reale Betrieb aber auch zu geringeren Schädigungsraten führen als im Anlagendesign angenommen. In diesem Fall können Prüfzyklen-Verlängerungen empfohlen werden.

    Daher bedarf es einer Optimierung der Bauteilüberwachung – bei GuD-Neuprojekten ist das schon bei der Konzeption möglich. Hauptsächlich Anlagenkomponenten des Wasser-Dampf-Kreislaufs sind davon betroffen. Doch welche Methoden sind dafür geeignet? Und welche Innovationen unterstützen beim Bestimmen der Restlebensdauer der Bauteile?

    Bauteilmonitoring Schritt 1 – sensorbasierte Temperaturmessung
    Die Bauteiltemperatur ist die wichtigste Belastungsgröße beim Ermitteln von Schädigungsmechanismen. Temperaturmessungen an der Bauteil-Innenoberfläche, in der Wandmitte oder die Temperaturmessung des Strömungsmediums sind aber mit Bohrungen verbunden. Zum einen sind diese Bohrungen im Rahmen der Baugenehmigung zu dokumentieren und bereits beim Anlagenbau zu realisieren. Zum anderen kommt es während der Messung zu Ungenauigkeiten. Die Temperaturmessung an der Bauteilaußenwand ist deutlich flexibler. Bohrungen sind nicht notwendig und der Messaufbau und das Anbringen der Sensoren sind viel einfacher. Auch eine nachträgliche Umstellung auf dieses Messverfahren – etwa bei Bestandsanlagen – ist ohne Weiteres realisierbar. Messpositionen lassen sich problemlos anpassen oder bei bisher noch nicht geprüften Bauteilen komplett neu bestimmen. Trotzdem konnte das Flexibilitätspotential der Außenwand-Temperaturmessung in der Vergangenheit nicht ausgeschöpft werden. Warum?

    Bauteilmonitoring Schritt 2 – Offline-Auswertung der Daten
    Das lag an großen rechnerischen Unsicherheiten in der Auswertung der Messergebnisse. TÜV SÜD hat deshalb die Vorgehensweise bei der Auswertung der Messdaten gezielt weiterentwickelt und verbessert. Dabei kommt ein effizienter Rechenalgorithmus zum Einsatz, der in das Temperature Stress Exhaustion (TSE)-Servicepaket implementiert ist und zuverlässige Aussagen zu Schädigungsmechanismen und folglich auch Prognosen zur Lebensdauer von Bauteilen möglich macht. Zudem ist diese Vorgehensweise regelkonform nach der Technischen Betriebsregel TRD 301/303 und der europäischen Norm DIN EN 12952-3. Daher kann sie auch als Grundlage für die Anpassung von Prüffristen herangezogen werden.

    Bei der Frage, ob die Auswertung online oder offline erfolgt, zeichnet sich besonders bei Großkraftwerken und Neuprojekten die klare Tendenz zur Offline-Auswertung ab. Da die Daten nicht in Echtzeit zur Verfügung stehen müssen, werden zusätzliche Rechenressourcen frei, um noch präzisere Messdaten zu erhalten. Damit wird die Basis breiter, auf der Prüfexperten in so genannten „Was-wäre-wenn-Analysen“ unterschiedliche Fahrweisen simulieren und mit Daten aus früheren Betriebsmodi vergleichen. So lassen sich Fahrweisen optimieren, um die maximale Dynamik zu erreichen. Besonders belastende Betriebszustände können entweder gemieden oder bewusst toleriert werden, wenn der sichere Betrieb davon nicht beeinträchtigt ist. Wertvolle Erkenntnisse ergeben sich auch im Hinblick auf das künftige Design von Bauteilen und die Werkstoffauswahl. Laut dem VGB-Standard S-506-00-2019-02-DE, „Zustandsüberwachung und Prüfung der Komponenten von Dampfkesselanlagen, Druckbehälteranlagen und Wasser oder Dampf führenden Rohrleitungen in Wärmekraftwerken“ ist eine jährliche Auswertung in Bezug auf den Lebensdauerverbrauch und die Restlebensdauer von Bauteilen empfohlen.

    Rechtliche Rahmenbedingungen
    Kraftwerksbetreiber sind gemäß Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) und den Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) dazu verpflichtet, wiederkehrende Prüfungen an druckführenden Bauteilen zu planen und vorzunehmen. Als Grundlage dafür dient eine Gefährdungsbeurteilung, die mögliche Schädigungsmechanismen für die betreffenden Bauteile vermutet. Ein daraus abgeleitetes Prüfkonzept ist vom Betreiber mit einer zugelassenen Überwachungsstelle (ZÜS) abzustimmen. Kriech- und Ermüdungsnachweise müssen von den Betreibern zuverlässig erkannt, analysiert und verfolgt werden. Maßgebend für diese Pflichten sind der §3 der BetrSichV und die technischen Regeln 1111, 1201 und 2141. Als geeignetes Verfahren zur Überwachung des Erschöpfungszustandes führt der VGB-Standard S-506-00-2019-02-DE die zyklische Erschöpfungsberechnung auf Grundlage von Betriebsmessdaten an.

    Must-haves für den Erfolg
    Die kontinuierliche Ermittlung der Gesamterschöpfung und der daraus resultierenden Restlebensdauer von hochbeanspruchten Bauteilen ist für Regelkraftwerksbetreiber alternativlos, um auf dem Energiemarkt wettbewerbsfähig zu sein oder Neuprojekte erfolgsversprechend zu starten. Durch die Kombination aus Außenwand-Temperaturmessung und Datenauswertung mit einem effizienten Algorithmus wie im TSE-Servicepaket von TÜV SÜD lassen sich zuverlässige Messdaten besser auswerten und notwendige Betriebsoptimierungen umsetzen.

    http://www.tuvsud.com/de-is


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