In Teilen Afrikas zahlte man im 17. Jahrhundert mit Kauri-Muscheln oder Kautschuk-Kugeln, in Südamerika mit Kakaobohnen, in Canada und Sibirien mit Fellen, in Tibet mit Teeziegeln und in weiten Teilen Asiens mit Salzbarren. 1607 gründeten englische Siedler auf dem Gebiet, das von Sir Walter Raleigh für die englische Krone annektiert wurde, den Staat Virginia. Man machte den Tabak, der dort schon lange angebaut wurde und ein höchst gefragtes Gut war, zum offiziellen Zahlungsmittel. Englisches Hoheitsgebiet? Da fragt man sich doch, warum nicht der englische Shilling als Geld eingeführt wurde. Nun, die Kolonien waren von der Versorgung über den Seeweg abhängig. So bestand stets ein Mangel an Münzgeld. Die Menge, die man gebraucht hätte, wäre gewichtsmäßig zu Lasten anderer Gebrauchsgüter gegangen und das war nicht durchführbar.
Eine Hungersnot durch den Tabakanbau
1618 legte die Generalversammlung per Gesetz fest, dass ein Pfund besten Tabaks den offiziellen Gegenwert von drei Shilling habe. Somit war der Tabak für alle Bezahlungen nutzbar. Zwei Probleme übersah man dabei allerdings. Da nun der Tabak nicht nur im Export, sondern auch inländisch an Wert gewonnen hatte, bauten die Farmer nichts anderes mehr an. Dies führte recht bald zu einer Hungersnot und die Regierung musste mit Vorgaben lenkend eingreifen. Ab diesem Zeitpunkt waren nur prozentual genau geregelte Flächen für den Tabakanbau freigegeben und der Rest wurde Weizen, Mais und Bohnen vorbehalten. Die häufig gelesene Geschichte, dass Tabak in Virginia auf Großfarmen angebaut wurde, stimmte zum o.g. Zeitpunkt übrigens nicht. Jeder Klein-und Kleinstfarmer nutzte die Chance, auch auf dem winzigsten Flecken Tabak anzubauen. Mal mit mehr, mal mit weniger Geschick, was zu einer schier unübersehbaren Bandbreite an Qualitäten führte.
Mit Tabak Miete und Importe aus Europa zahlen
Der Tabak setzte sich innerhalb Virginias größtenteils als Währung durch. Allerdings wurde vereinzelt auch noch mit Vieh, Mehl oder Mais bezahlt. Nachdem sich die Tabakwährung in Virginia bewährt hatte, nahm das die Nachbarkolonie Maryland zum Anlass, das System zu übernehmen. 1642 wurde der Tabak dann endgültig zum legalen und alleinigen Zahlungsmittel erklärt, was seine Verwendung auch für Mietzahlungen oder für Importlieferungen aus dem Ausland möglich machte. Da für solche Geschäfte größere Mengen an Tabak nötig waren, musste man ein System finden. Es war ja nun schlecht möglich, dass der Mieter seinen Zins beim Vermieter beglich, indem er ihm zwei Fässer Tabak vor die Tür rollte. Um das Jahr 1713 baute man deshalb große Lagerhäuser, bei denen man seine Tabakfässer abliefern konnte und dafür Wertscheine bekam, die sogenannten „Tobacco-Notes“. Mit diesen Wertscheinen wurden dann größere Geschäfte bezahlt. Der Wert dieses „Papiergelds“ wurde durch die eingelagerten Tabakmengen abgesichert. So weit, so gut… oder auch nicht.
Schwankende Tabakqualität schadet der neuen Währung
Landwirtschaftliche Erzeugnisse haben als Zahlungsmittel zwei gravierende Nachteile. Ihre Haltbarkeit ist begrenzt und ihre Qualitäten variieren stark, auch beim Tabak. So gab es in den Tabaklägern Inspektoren, die den angelieferten Tabak auf seine Lagerfähigkeit und Qualität prüften, um den Wert zu bestimmen. Schnell sprach sich aber herum, dass die Urteile von Inspektor zu Inspektor sehr unterschiedlich sein konnten und somit der Wert des angelieferten Tabaks stark schwanken konnte. Nicht eben positiv für eine Währung, von der man Stabilität erwartet. Im Hinblick auf die Haltbarkeit fand man eine recht einfache Lösung, indem man die ausgegebenen Tabaknotes auf eine Gültigkeit von 18 Monaten begrenzte. Die Qualität war das größere Problem. Säumige Schuldner zahlten natürlich nicht mit kleineren Mengen erstklassiger Ware. Die konnten sie nämlich problemlos und zu hohem Wert an den gierigen Markt verfüttern, an dem es eigentlich immer zu wenig Rohware gab, seitdem die alte Welt das Rauchen für sich entdeckt hatte.
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